Wer frackt, versündigt sich

Rund vier Jahre ist es her, da haben SPD-Bundestagsabgeordnete wie etwa der Weidener Uli Grötsch,der da gerade seine erste Periode angetreten hatte,an Parteimitglieder einen inhaltlich nahezu identischen Brief verfasst. Es ging um das "Fracking-Gesetz", von dem Grötsch stur und steif behauptete, es handle sich um ein "Fracking-Verhinderungsgesetz", obwohl genau das Gegenteil drin steht.

 

Denn dieses Gesetz regelt, unter welchen Bedingungen Fracking stattfinden darf.Wer eine Sekunde lang überlegt, was Fracking für die Umwelt, die wir zum Leben brauchen, bedeuten kann, der muss etwa die CSU-Vorbehalte gegen Windkraft eher belächeln als ernst nehmen.

Wie „unabhängig“?

Wann darf ein Konzern wie „Rose Petroleum“ aus Großbritannien, der 2014 bereits Voruntersuchungen im „Weidener Becken“ vornahm, nun mit dem Segen der GroKo fracken? Unter anderem müssen die Probebohrungen von einer „unabhängigen Expertenkommission“ begleitet werden. Diese Kommission hat die neue GroKo nun ins Leben gerufen, ihr gehören sechs Mitglieder aus Landes- und Bundesämtern an. Was nichts anderes heißt, als dass sie so „unabhängig“ sind wie ihre jeweiligen Landes- oder Bundesregierungen.

Als das Gesetz vorgestellt wurde, schrieb MdB Grötsch u.a.: „Die Unterstellung, die Regierung versuche „im Windschatten der WM-Begeisterung schnell und heimlich ein Fracking-Gesetz durchzubringen“ ist reine Panikmache.“ Die Aufregung um das Gesetz erstickte aber dennoch im Fußball-Taumel. Beschlossen wurde es kurz nach der Europameisterschaft 2016. Nun schaut es so aus, als wären kurz vor Anpfiff zu Putins FIFA-WM noch schnell die Voraussetzungen für die praktische Umsetzung des Gesetzes geschaffen worden. Dieses Gesetz erlaubt immerhin vier Probebohrungen, offiziell zu Forschungszwecken. Ein Argument, das die Japaner alljährlich auch für ihren kommerzialisierten Walfang ins Feld führen. Dass die Forschungsergebnisse dort anschließend gefuttert werden,  ist ebenso unverschämt wie die deutsche Gaukelei, dass niemand das Erdgas oder Öl fördern würde, wenn man denn bei den vier Versuchen etwas finden würde. 

Chemie-Cocktail Surprise

Fakt ist: Wenn mit Hochdruck Chemie (deren genaue Zusammensetzung unter das Betriebsgeheimnis der beteiligten Konzerne fällt) in 3000 Meter tiefe Erdschichten gepresst wird, dann ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass dieses Zeug irgendwann auch wieder hochkommt. Und weiter oben, da leiden unsere Grundwasser-Reservoirs schon heute unter eindringenden Schadstoffen und übermäßigem Verbrauch. Tektonische Reaktionen – also Beben – sind ebenfalls nicht auszuschließen. Fracking ist also das Gegenteil von guter konservativer Politik – es sägt massiv am Ast, auf dem wir sitzen.

„Willst Du weiter von den Ölscheichs und Putin abhängig sein?“, diese Frage ist von Fracking-Befürwortern öfter zu hören. Dem ist zu entgegnen: Angeblich geht es in Deutschland doch gar nicht um kommerzielles Fracken – und andererseits wären dezentrale Lösungen zur Versorgung auch mit Erneuerbaren Energien zuverlässig und dauerhaft möglich.

Zum Wohle der Konzerne

„Was machst Du, wenn der Wind nicht geht und die Sonne nicht scheint?“ Dieser Einwand ist umso lächerlicher, weil die Bundesregierungen nach Schröder/Trittin alles dafür getan haben, um Forschung in Speichertechnologien zur Alibiveranstaltung verkümmern zu lassen. 

Vor allem Sigmar Gabriel hat unter Angela Merkels Schirmherrschaft das „Wohlstand für viele“-Prinzip, das irgendwo ein Bestandteil des ursprünglichen Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) war, wieder in das herkömmliche „Wohlstand für die vier Energie-Großkonzerne“ umgewandelt. Zentrale Lösungen – seien es Kohle-, Atom-, Gaskraftwerke oder Offshore-Windparks und Monster-Leitungen durch die Republik – dienen immer nur den wirtschaftlichen Interessen von Großkonzernen. 

Beim alten EEG gab es genug Leute ohne Photovoltaik auf dem Dach, die ihrem Nachbarn unter die Nase gerieben haben: „Mit meinem Strompreis muss ich Deine PV-Gewinne zahlen“. Dass hochsubventionierte AKWs, die Endlagerung des Mülls, die Windparks, die Monstertrassen und alle anderen Großanlagen ebenfalls über den Strom bezahlt werden oder indirekt vom kleinen Mann über die Mehrwertsteuer auf jede Semmel, die er kauft, ficht solche Leute meist nicht an. Denn da geht das Geld ja an anonyme Aktionäre, nach dem Motto: Hauptsache, mein Nachbar kriegt´s nicht. Was wäre die heimatschützende, versorgungssichere Lösung?

Zunächst müsste die Politik die notwendigen Anreize schaffen, dass in diese Richtung geforscht und auch investiert wird. Das klappt nicht, solange die gigantischen Kapazitäten der „Big 4“ als Konkurrenz zum Erneuerbaren Strom gefördert werden. Es gibt bereits seit Jahren Ansätze, die dezentrale Versorgung flächendeckend ermöglichen sollten – wenn man sie denn ließe. Überschüssiger Strom aus Sonne, Wind, Blockheizkraftwerken und Biogas kann gebündelt werden in sog. „Power-to-Gas“-Anlagen (PtG). Dort spaltet die Energie Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Der Wasserstoff ergibt zusammen mit dem Klimakiller CO2 den Energieträger Erdgas. 

Speicher vorhanden

Mit dem deutschen Erdgasnetz steht ein immenser Speicher zur Verfügung. Gaskraftwerke könnten mit diesem Bio-Erdgas jederzeit dann Strom liefern, wenn er gebraucht wird. Zusätzliche Infrastruktur ist nur lokal notwendig, um die grüne Energie zum Sammler zu leiten. Leider würde es in der Leitung dann irgendwann eng für Putins Erdgas – wir könnten das verschmerzen. Wer den niedrigen Wirkungsgrad von PtG kritisiert, lässt außer acht, dass auch auf einer Stromleitung von mehreren hundert Kilometern Länge erhebliche Verluste auftreten und die Ökostrom-Komponenten Wind/Sonne nichts kosten.

Die Kommunen könnten an dieser  Energieversorgung mitverdienen, ebenso wie private und mittelständische Genossenschaften. Ein Terrorist, der unsere Energieversorgung lahm legen möchte, greift heute ein großes Kraftwerk mit einem Flugzeug an. Läuft der Nordsee-Strom erst einmal über den abgeholzten Korridor quer durch Deutschland, braucht der Staatsfeind nur noch mit zwei gezielten Sprengungen die Leitung zu sabotieren. Versorgt sich Deutschland aber dezentral, dann werden groß angelegte Fall-Outs schon schwieriger.

Monsterkabel statt Windrad

Ach, ja die Verschandelung der Landschaft – die sah Horst Seehofer (CSU) vor allem durch Windräder gegeben. Weil es absurd wäre, denselben Wählern zu verkaufen, dass Hochspannungsmasten durch das Naabtal schöner wären, drängte München auf komplette Erdverkabelung. Ob die kommt, steht nach den Landtagswahlen bislang in den Sternen. 

Noch ungewisser ist jedoch, welche Auswirkungen diese Leitung auf Mensch, Tier und Pflanzen haben würde. Der schlichte Gedanke, „wir zahlen Landwirten Entschädigungen“ macht nicht nur den Strom für Verbraucher und Steuerzahler wiederum teurer, sondern ist einfach nicht wertkonservativ. Er opfert unsere natürlichen Ressourcen wiederum den Kapitalinteressen von E.ON-Aktionären und tut so, als wäre das Land ein reines Produktionsmittel.

Die Union hat es sich in den letzten Jahrzehnten viel zu bequem gemacht in den Betten der großen Konzerne. Und seit Schröders Männerfreundschaften mit Putin und Maschmeyer, Gabriels Kuschelkurs mit den Energieversorgern und zuletzt der „Fracking-Experten-Kommission“ ist klar, dass die führenden SPD-Köpfe ebenfalls auf diese Spielwiese drängen. Die Gehörnten sind wir, die Bürger. 

Ein gemeinschaftlicher Geist, der die Zerstörung unserer Umwelt aufhält und eine echte Energiewende voran treibt, täte bundesweit Not. Unideologisch, pragmatisch und einer großen, innovativen Wirtschaftsnation würdig. 

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